Impulse für die Zukunft – MaxTex Mitgliedertagung
Bei Testex in Zürich – 24./25.September 2025
Unsere MaxTex-Mitgliedertagung im September bei TESTEX, dem Schweizer Prüf‑ und Zertifizierungsinstitut für Textilien und Leder, hat gezeigt, wie vielfältig und praxisnah ein Austausch zur nachhaltigen Textilwirtschaft sein kann.
Am ersten Tag unserer Mitgliedertagung präsentierte die Stadt Zürich ihre ganzheitlichen Ansätze zur Textilverwertung und nachhaltigen öffentlichen Beschaffung. Dabei stellte die Stadt zunächst die aktuelle Marktsituation der jährlich anfallenden Textilströme dar und erläuterte, wie die Textilverwertung künftig neu und effizienter organisiert werden soll. Ein zentraler Punkt war das Innovationsprojekt zur kreislauffähigen Beschaffung, das gemeinsam mit MaxTex-Mitgliedern wie Dibella, Schellenberg und Oceansafe umgesetzt wird. Ziel ist es, konkrete Kriterien und Anforderungen zu formulieren, die nachhaltige und zirkuläre Beschaffungsprozesse in der öffentlichen Verwaltung fördern und damit die regionale Kreislaufwirtschaft stärken.
Das Programm Sustainable Textiles Switzerland 2030 (STS 2030) zeigte eindrucksvoll wie ein Multi-Stakeholder-Ansatz wirkt: Mit klaren Nachhaltigkeitszielen entlang der gesamten Wertschöpfungskette und gemeinsamen Pilotprojekten bringt STS 2030 die Schweizer Textilbranche auf Kurs in Richtung sozialer und ökologischer Verantwortung. Von der Reduktion der Treibhausgasemissionen über die Förderung fairer Arbeitsbedingungen bis hin zur Förderung innovativer Geschäftsmodelle in der Kreislaufwirtschaft schafft STS 2030 Verbindlichkeit und Praxisnähe für den Wandel der Branche. Durch diesen nationalen Rahmen werden vielfältige Engagements gebündelt, wodurch Unternehmen bestmöglich unterstützt und Synergien genutzt werden.
Besonders inspirierend war zudem die Vorstellung von Round Rivers: Das Projekt zeigt anschaulich, wie Plastikmüll aus der Limmat gefiltert und in neue textile Kreisläufe überführt werden kann — ein eindrucksvoller Beitrag zur Circular Economy in der Region. Den Tag rundete eine spannende Führung durch die Laborwelt von TESTEX ab, bei der Innovation und Qualitätssicherung als Schweizer Erfolgsfaktoren im Zusammenspiel erlebbar wurden.
Der zweite Tag stand im Zeichen von Dialog und Zukunftsgestaltung. Neue MaxTex-Mitglieder – Bridge&Tunnel, fair fashion factory und GoBlu – stellten sich vor und brachten frischen Wind mit sozialem Engagement, innovativen Produktionskonzepten und starken Netzwerken in unsere Gemeinschaft.
Bridge&Tunnel aus Hamburg verbindet soziale Integration mit Upcycling und schafft so faire Arbeitsplätze für Menschen mit erschwertem Arbeitsmarktzugang. Die fair fashion factory fördert in Basel durch lokale Produktion und gemeinsame Infrastruktur nachhaltige und zirkuläre Textilkreisläufe. GoBlu (The BHive) ist eine führende digitale Plattform für das Chemikalienmanagement in der Textilindustrie, die Unternehmen hilft, Transparenz und Compliance bei chemischen Stoffen entlang der Lieferkette zu gewährleisten und dadurch nachhaltige Produktion zu unterstützen.
Im Zukunfts-Szenarien-Workshop mit Ursula Eysin konnten wir zwar nur erste Ansätze entwickeln, doch es hat deutlich gezeigt, wie man mit solchen Methoden umgehen sollte: Die Entwicklung von Zukunftsszenarien dient nicht zur reinen Analyse oder Prognose, sondern dazu, aktiv die Zukunft zu gestalten. Dabei helfen 3 bis 4 unterschiedliche Szenarien, neue Perspektiven zu gewinnen und alte Denkweisen zu hinterfragen, um Platz für Neues und Innovationen zu schaffen.
Der Fokus lag dabei auf den wesentlichen Einflussfaktoren – den Treibern und kritischen Unsicherheiten –, die die Zukunft prägen. Das Einfühlen in verschiedene Szenarien macht es möglich, auch im ungünstigsten Fall flexibel zu bleiben und bessere, bewusstere Entscheidungen zu treffen. So entsteht ein Rahmen für kontinuierliche strategische Flexibilität, in den neue Informationen logisch eingepasst werden können.
Das Ganze stellt eine wertvolle Methode dar, um Chancen, Risiken und Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und sich rechtzeitig auf kommende Veränderungen vorzubereiten. Die zentrale Fragestellung lautete: Welche Zukunftsszenarien sind für die Entwicklung der Lieferketten in der Textilindustrie bis 2045 denkbar?
Dieser Workshop gab wichtige Impulse zur aktiven Gestaltung der Zukunft, auch wenn die Zeit für eine ausführliche Szenarienentwicklung begrenzt war.
Fachlich besonders brisant war der Beitrag unseres Gastgebers TESTEX zum Thema PFAS in Textilien. PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) sind synthetische Chemikalien, die wegen ihrer wasser- und ölabweisenden Eigenschaften häufig in Textilien eingesetzt werden. Auf Grund ihrer Beständigkeit und potenziellen Gesundheitsrisiken gibt es weltweit verschärfte Regulierungen und neue Prüfmethoden. Zudem wurden relevante gesetzliche Entwicklungen vorgestellt, die den Einsatz von PFAS in Textilien zunehmend einschränken und Alternativen fördern.
Ein weiterer Schwerpunkt war die aktuelle Recycling-Situation in der Schweiz, vorgestellt von Tell-Tex. Als einer der größten Kleidersammler der Schweiz betreibt Tell-Tex umfassende Sortier- und Recyclingprozesse, um Textilien effizient in Kreisläufe zurückzuführen. Diese Praxisbeispiele zeigten die Herausforderungen und Chancen der textilen Kreislaufwirtschaft auf, gerade im Kontext zunehmender regulatorischer Vorgaben.
Ein zentrales Thema der Tagung war die bislang unzureichende politische Unterstützung für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Obwohl die Teilrevision des Umweltschutzgesetzes wichtige Grundlagen schafft, fehlen noch verlässliche und konkrete Rahmenbedingungen, die Unternehmen Planungssicherheit bieten. Ohne diese Sicherheit erschwert sich die Umsetzung zirkulärer Geschäftsmodelle erheblich. Gleichzeitig bleibt die Herausforderung bestehen, wie Verbraucher*innen noch stärker für den notwendigen Wandel gewonnen werden können, um gemeinsam ressourcenschonende und nachhaltige Kreisläufe zu etablieren.
Deutlich wurde: Es braucht ein neues, starkes und emotionales Narrativ für Nachhaltigkeit. Nur über eine klare, überzeugende und zugleich empathische Kommunikation lassen sich komplexe Themen sichtbar machen und dauerhaft im Bewusstsein der Branche sowie der Gesellschaft verankern. Ein starkes Storytelling ist nötig, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und den Wandel mitzugestalten – sei es in Politik, Wirtschaft oder bei Konsument*innen. Nur so kann eine breite gesellschaftliche Unterstützung entstehen, die zirkuläre Innovationen und ein nachhaltiges Wirtschaften voranbringt.
Wir nehmen viele wertvolle Impulse mit – von visionären Recyclingprojekten über konkrete Nachhaltigkeitsziele bis hin zu klaren politischen Forderungen. Dabei wurde deutlich, wie wichtig es ist, gemeinsame verbindliche Ziele zu setzen, um den Wandel zu einer nachhaltigen Textilwirtschaft zu beschleunigen. Die angeregten Gespräche und das intensive Networking haben unseren Gemeinschaftsgeist gestärkt und zeigen, wie sehr der Austausch in der Branche für innovative Lösungen und motiviertes Handeln sorgt.
Jetzt gilt es, die gewonnenen Impulse in konkretes Handeln umzusetzen – für eine zukunftsfähige, faire und kreislauforientierte Textilbranche.